Familienrecht

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Zugewinnausgleich in der Landwirtschaft, insbesondere Bewertung eines landwirtschaftlichen Betriebes

Leben Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, findet bei Beendigung der Ehe durch Scheidung ein Zugewinnausgleich statt, sofern ein solcher nicht durch ehevertragliche Vereinbarung ausgeschlossen wurde. Im Rahmen des Zugewinnausgleichs hat der Ehegatte, der den geringeren Zugewinn hat, einen Anspruch auf die Hälfte des Überschusses, um welchen der Zugewinn des anderen Ehegatten den eigenen Zugewinn übersteigt. Zur Ermittlung des jeweiligen Zugewinns werden Endvermögen und Anfangsvermögen beider Ehegatten gegenübergestellt.

Zum Anfangsvermögen zählt das Vermögen, das einem Ehegatten bei Eintritt in den Güterstand gehört sowie das Vermögen, das ein Ehegatte nach Eintritt des Güterstands im Wege einer Erbschaft, der Schenkung oder aber auch der vorweggenommen Erbfolge erworben hat. Das Endvermögen ist das Vermögen, das einem Ehegatten bei Beendigung des Güterstands gehört.
Bei Unternehmen und Betrieben stellt sich die Frage, mit welchem Wert diese in die Berechnung des Zugewinns einzustellen sind. Das Gesetz legt grundsätzlich keine Bewertungsmethode fest, jedoch ist es üblich, den Verkehrswert eines Betriebes anzusetzen. Hierbei handelt es sich um den Wert, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr am Markt bei Veräußerung des Betriebes zu erzielen wäre. Besteht Streit über die Bewertungsmethode, ist es Aufgabe des Richters, eine einzelfallgerechte und angemessene Bewertungsmethode auszuwählen.

Für bestimmte land- und forstwirtschaftliche Betriebe gilt die Besonderheit, dass das Gesetz ausnahmsweise die Bewertungsmethode, das sog. Ertragswertverfahren, vorschreibt (§ 1376 Abs.4 BGB).

Das Ertragswertverfahren führt in der Regel zu einem deutlich geringeren Wert des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes als das Verkehrswertverfahren. Die Festlegung auf das Ertragswertverfahren bezweckt nicht, den zugewinnausgleichspflichtigen Ehegatten gegenüber dem zugewinnausgleichsberechtigten Ehegatten zu privilegieren, auch wenn dies die notwendige Folge des Ertragswertverfahrens ist, sondern hat historische Gründe. Man wollte die Zerschlagung land- und forstwirtschaftlicher Betriebe verhindern, welche bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs auf Verkehrswertbasis drohte.
Die Anwendung des Ertragswertverfahrens und damit die Privilegierung des zugewinnausgleichspflichtigen Betriebsinhabers sind jedoch u.a. nur dann gerechtfertigt, wenn der Betrieb sowohl im Anfangs- als auch im Endvermögen zu berücksichtigen ist. Weitere Voraussetzung ist, dass die Weiterführung des Betriebes durch den derzeitigen Eigentümer oder einen Abkömmling zu erwarten ist, wobei aber nicht jede Form der Weiterführung, wie beispielsweise die vollständige Verpachtung der landwirtschaftlichen Flächen, als ausreichend angesehen wird.

Da die Anwendbarkeit des Ertragswert-verfahrens von vielen Umständen im Einzelfall abhängt, empfiehlt es sich, frühzeitig anwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Münster, 26.03.2018

Dr. Rita Coenen, Fachanwältin für Familien- und Sozialrecht

Anna-Kristina Fecke, Rechtsanwältin