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Möglichkeit der Stiefkindadoption in nichtehelicher Lebensgemeinschaft

Seit einer Gesetzesänderung, welche am 31.03.2020 in Kraft getreten ist, steht es auch Personen in nichtehelicher Lebensgemeinschaft nun offen, das Kind ihres Partners zu adoptieren.

Zuvor war eine zur gemeinsamen Elternschaft führende Stiefkindadoption nur dann möglich, wenn der Stiefelternteil mit dem rechtlichen Elternteil verheiratet war. Für nichteheliche Familien bestand diese Option hingegen nicht, da eine unverheiratete Person ein Kind grundsätzlich nur allein annehmen kann.Durch die Adoption durch eine Einzelperson erlischt deshalb die rechtliche Verwandtschaft zu den bisherigen rechtlichen Elternteilen und damit auch zu dem Partner des Stiefelternteils. Dadurch soll sichergestellt werden, dass das Kind durch die Adoption in stabile Verhältnisse mit dauerhaften Bezugspersonen kommt. Der Ausnahmetatbestand, nach dem das Erlöschen nur im Verhältnis zu dem anderen, außerhalb der Beziehung existierenden Elternteil, eintritt, bestand nur für den Fall, dass ein Ehegatte das Kind seines Ehegatten annimmt und war nicht auf nichteheliche Lebensgemeinschaften anwendbar.

Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass die bis dahin bestehende Gesetzeslage gegen das Grundrecht auf Gleichbehandlung und Gleichberechtigung aus Art. 3 des Grundgesetzes verstieß, weil Kinder in nichtehelichen Stiefkindfamilien gegenüber Kindern in ehelichen Stiefkindfamilien ohne ausreichenden Grund benachteiligt wurden. Es sei zwar ein legitimes gesetzliches Ziel, Stiefkindadoptionen nur dann zuzulassen, wenn die Beziehung zwischen dem rechtlichen Elternteil und dem Stiefelternteil Bestand verspricht. Deshalb dürfe der Gesetzgeber die Ehelichkeit der Elternbeziehung hier auch als positiven Stabilitätsindikator verwenden. Der Ausschluss der Adoption von Stiefkindern in allen nichtehelichen Familien sei hingegen nicht zu rechtfertigen. Der Schutz des Stiefkindes vor einer nachteiligen Adoption lasse sich auch auf andere Weise, beispielsweise durch das Erfordernis einer Mindestdauer der Beziehung oder des Zusammenlebens, hinreichend wirksam sichern.

Daraufhin fügte der Gesetzgeber den neuen § 1766a BGB ein, wonach die Ausnahmeregelung über die Annahme eines Kindes des anderen Ehegatten entsprechend auf nichteheliche Lebensgemeinschaften Anwendung findet, wenn eine „verfestigte Lebensgemeinschaft“ vorliegt. Von dieser soll in der Regel auszugehen sein, wenn die Personen seit mindestens vier Jahren oder als Eltern eines gemeinschaftlichen Kindes mit diesem eheähnlich zusammenleben. Jedoch soll in der Regel nicht von einer verfestigten Lebensgemeinschaft ausgegangen werden können, wenn ein Partner (noch) mit einem Dritten verheiratet ist. Dann soll er das Kind wiederum nur allein annehmen können.

Münster, 19.05.2020

Dr. Rita Coenen, Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familien- und Sozialrecht