Familienrecht
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BGH Entscheidung, Urteil vom 18.06.2019, Az. X ZR 107/16

I. Zusammenfassung der Entscheidung

Bei dem Fall, mit dem sich der BGH beschäftigte, war die Klägerin Mutter einer Tochter. Sie klagte gegen den ehemaligen Lebensgefährten ihres Kindes. Der Beklagte und die Tochter der Klägerin waren bereits seit 8 Jahren ein Paar, als sie beschlossen gemeinsam eine Wohnimmobilie zu erwerben. Die Klägerin und ihr Ehemann schenkten dem Paar mehr als 100.000 € zur Finanzierung der Immobilie. Da sich der Beklagte und die Tochter der Klägerin jedoch nach weniger als 2 Jahren nach der Schenkung trennten, klagte die Klägerin aus eigenem und von ihrem Ehemann abgetretenen Recht auf Rückzahlung der Finanzierungsbeiträgen für die Wohnimmobilie.

Der BGH entschied, dass die Klägerin von dem Schenkungsvertrag aufgrund der baldigen Trennung nach der Schenkung zurücktreten konnte und somit vom Ex-Partner ihrer Tochter die Rückzahlung der zugewendeten Summe verlangen konnte. Er bestätigte damit im Ergebnis überwiegend die Entscheidungen der Vorinstanzen.

Zur Begründung stellte der BGH fest, dass beim nachträglichen Wegfall der Geschäftsgrundlage der Schenkung, Ansprüche aus § 313 BGB (Vertragsanpassung, Recht auf Rücktritt oder Rückforderung) entstehen können. Bei einer Schenkung sei zu berücksichtigen, dass es sich um eine einseitige, unentgeltliche Leistung handle.

Insbesondere, wenn Eltern ihrem Kind und dessen Partner zum Grunderwerb bestimmte Geldbeträge schenken, sei damit jedoch regelmäßig die Vorstellung verbunden, dass die Immobilie zumindest für einige Dauer als Familienwohnung genutzt werde. Diese Vorstellung werde auch Grundlage des Schenkungsvertrages im Sinne von § 313 BGB.

Dies bedeute jedoch nicht, dass die Annahme, die Beziehung halte bis zum Tod eines Partners, zur Grundlage einer Schenkung werde. Es entspreche nicht der Lebenserfahrung, dass eine Ehe, Lebenspartnerschaft oder gar nichteheliche Lebensgemeinschaft lebenslang Bestand habe. Grundsätzlich werde diese Vorstellung der lebenslangen Ehe oder Partnerschaft und lebenslangen Nutzung der Immobilie als Familienwohnung nicht Grundlage des Schenkungsvertrages. Dies bliebe nur in Einzelfällen denkbar, wenn der Tatrichter besondere, feststellbare Umstände erkennt, die ergeben, dass der Geschäftswille des Schenkers auf der Annahme beruht, die Ehe/Partnerschaft werde ein Leben lang halten. Regelmäßig sei daher nur die Vorstellung Grundlage der Schenkung, die Lebensgemeinschaft werde nicht nur von kurzer Dauer sein.

In dem hiesigen Fall des BGH sei die Vorstellung der Klägerin, die nichteheliche Lebensgemeinschaft der Tochter und des Beklagten werde jedenfalls auf längere Zeit fortgesetzt, Grundlage der Schenkung geworden, da die beiden bereits mehrere Jahre zusammenlebten und das Paar dieses Zusammenleben mit dem Erwerb der Immobilie beabsichtigte zu verfestigen. Dass die Zuwendung an den Partner des eigenen Kindes grundsätzlich nur in der Vorstellung erfolge, dem dauerhaften Zusammenleben mit dem eigenen Kind zu dienen, entspreche der Lebenserfahrung und sei auch in diesem Fall für den Beklagten erkennbar gewesen.

Die Tochter der Klägerin und der Beklagte trennten sich jedoch nach weniger als 2 Jahren nach der Schenkung. Die Vorstellung des Zusammenlebens für eine längere Zeit sei damit nicht erfüllt worden und die Geschäftsgrundlage der Schenkung sei weggefallen.

Da die Klägerin die Schenkung in Kenntnis der Trennung innerhalb so kurzer Zeit nicht vorgenommen hätte, sei ihr das Festhalten am unveränderten Schenkungsvertrag nicht zuzumuten. Eine Vertragsanpassung sei zudem unzumutbar, da nach dem mutmaßlichen Parteiwillen die Länge der Fortdauer der Partnerschaft regelmäßig nicht die Höhe der Zuwendung oder das Bestehen einer Rückzahlungsverpflichtung beeinflusst hätte. In Kenntnis der baldigen Trennung hätte die Klägerin von der Schenkung stattdessen ganz Abstand genommen, weshalb nur die Rücktrittsmöglichkeit aus § 313 III BGB als zumutbare Folge in Betracht komme.

Dem Umstand, dass bis zur Trennung das Zusammenleben des Paares die Vorstellung der Klägerin erfüllt habe, werde dadurch Rechnung getragen, dass der Beklagte für die Zeit bis zum Rücktritt die gezogenen Nutzungen nicht herauszugeben habe.

II. Schlussfolgerungen aus der Entscheidung

Mit dieser Entscheidung hat der BGH festgelegt, dass bei Schenkungen der Eltern an ihr Kind und dessen Partner zum Erwerb einer gemeinsamen Wohnimmobilie regelmäßig die Vorstellung zur Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 BGB wird, die Beziehung halte auch zukünftig noch eine gewisse Dauer. Endet die Beziehung jedoch nach kurzer Zeit, können die Eltern von dem Schenkungsvertrag mit dem Ex-Partner ihres Kindes zurücktreten und das Geschenkte zurückverlangen. Zur Bestimmung des Beziehungsendes „nach kurzer Zeit“ müssen die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die bisherige Beziehungsdauer herangezogen werden. Auch ist abzustellen auf die festgelegten Grundsätze des BGHs zu § 1579 Nr. 1 BGB (Ehedauer bis etwa 2 Jahre ist kurze Ehedauer). Hingegen wird nur in sehr wenigen Ausnahmefällen die Vorstellung der Eltern zur Geschäftsgrundlage, dass die Ehe, Lebenspartnerschaft oder nichteheliche Lebensgemeinschaft ein Leben lang halte.

Münster, 31.03.2020

Dr. Rita Coenen, Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familien- und Sozialrecht