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Zehnjahresfrist für Pflichtteilsergänzungsansprüche

Bekanntlich gibt es beim Erbfall eine Zehnjahresfrist für Schenkungen. Hatte der Erblasser zehn Jahre vor seinem Tod eine Schenkung gemacht, so bleibt diese bei der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen außen vor. Fand diese Schenkung innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Erbfall statt, so hat ein Pflichtteilsberechtigter einen Anspruch auf Ergänzung seines Pflichtteils gegenüber dem Erben oder dem Beschenkten.

Problematisch ist es nur, wenn der Erblasser zwar vor mehr als 10 Jahren ein Haus verschenkt hatte, sich jedoch das volle Nießbrauchsrecht am Haus vorbehalten hatte. Besteht das Nießbrauchsrecht zum Zeitpunkt des Erbfalls noch, so gilt die Schenkung erbschaftssteuerlich als noch nicht geleistet. Der Pflichtteilsergänzungsanspruch besteht daher trotzdem.

Fraglich war bisher, wie die Rechtslage ist, falls sich der Erblasser beim Verschenken eines Hauses nur ein Wohnrecht vorbehalten hatte. Die herrschende Meinung hier ist, dass ein Wohnrecht, das nur an einigen Räumen eines Hauses vorbehalten wurde, die Leistung nicht verhindert.

So hat auch kürzlich wieder das OLG Bremen im Urteil vom 11.02.2005, Az. 4 U 61/04, entschieden. Hat sich der Erblasser nur ein Wohnungsrecht an einigen Räumen des verschenkten Hauses vorbehalten, so gilt die Schenkung bereits zum Zeitpunkt des Übertragungsvertrages als erbracht. Von diesem Zeitpunkt an läuft daher die Zehnjahresfrist.

Es ist daher jedem, der im Wege vorweggenommener Erbfolge Grundstücke übertragen möchte, zu raten, dass er nicht ein volles Nießbrauchsrecht zurückbehält sondern nur einen Teilnießbrauch oder ein Teilwohnrecht. Dies jedenfalls dann, wenn Pflichtteilsergänzungsansprüche sonstiger potentieller Erben verhindert werden sollen.

Münster, 30.11.2005

Mechtild Düsing, Rechtsanwältin und Notarin