Beamtenrecht
Rechtsinfo Archiv

Zurück

Beamtenrecht
Das Auswahlgespräch bei der Besetzung von Beförderungsstellen

Insbesondere bei der Vergabe von Führungspositionen hat das Auswahlgespräch eine erhebliche Bedeutung für die Entscheidung des Dienstherrn über die Vergabe des Dienstposten erlangt. In diesem Auswahlgespräch wird der Bewerberin bzw. dem Bewerber die Möglichkeit eingeräumt, seine Fähigkeiten sowie seine Ansichten zu grundlegenden Fragestellungen darzulegen. Dabei ist zu beobachten, dass bei vielen Personalentscheidungen diesem Auswahlgespräch eine zentrale Bedeutung zukommt. Dies kann zur Folge haben, dass Bewerberinnen und Bewerber, die über lange Zeiträume - durch dienstliche Beurteilungen belegt - sehr gute Arbeitsleistungen erbracht haben, in mehreren Stellenbesetzungsverfahren nicht zum Zuge kommen. Ursache hierfür ist zum Einen, dass hohe fachliche Kompetenz und Leistungsbereitschaft nicht zwingend verbunden ist mit einer überdurchschnittlichen Fähigkeit zur Selbstdarstellung im Rahmen eines derartigen Auswahlgespräches. Zum Anderen besteht nicht selten der dringende Verdacht, dass die Auswahlkommission nach Durchführung der Auswahlgespräche sich für diejenige Person entscheidet, die bereits vorher für die Stelle vorgesehen war. Die Ergebnisse eines Auswahlgespräches sind nämlich im Regelfall nicht objektiv überprüfbar. Vielmehr treffen die Mitglieder der Auswahlkommission - ähnlich wie bei Entscheidungen im Rahmen von mündlichen Prüfungen - subjektive Wertungen vor dem Hintergrund des Eindruckes, den die Bewerberin bzw. der Bewerber während des Auswahlgespräches gemacht hat. Diese sind objektiv nicht nachprüfbar.

Die Rechtsprechung hat daher den Einfluss, den das Ergebnis eines Auswahlgespräches auf die Stellenbesetzung haben kann, begrenzt. Die Ergebnisse eines Auswahlgespräches können danach in aller Regel nur zur Abrundung des sich aus der dienstlichen Beurteilung ergebenden Bildes herangezogen werden. Das Auswahlgespräch vermittele nämlich anders als eine dienstliche Beurteilung, die sich regelmäßig auf einen längeren, meist sogar mehrjährigen Zeitraum beziehe, allenfalls eine Momentaufnahme von der Persönlichkeit des Beamten. Zudem hänge dieser Eindruck häufig von der jeweiligen "Tagesform" der Bewerberin bzw. des Bewerbers ab. Wer sich in einem solchen Gespräch aufgrund rhetorischer Fähigkeiten am Besten "verkaufen" könne, müsse nicht unbedingt auch der leistungsstärkste und - gemessen am Anforderungsprofil - geeignetste Bewerber sein. Das Auswahlgespräch sei nicht geeignet, die für die Eignungsbeurteilung wesentliche bisherige Leistung des Beamten zu erfassen. Dem im Rahmen eines Auswahlgesprächs vermittelten Eindruck könne daher immer nur eine beschränkte Aussagekraft beigemessen werden. Die Auswahlentscheidung müsse sich daher auch bei Durchführung eines Auswahlgespräches grundsätzlich maßgeblich an den leistungsbezogenen Beurteilungen, die die Bewerberinnen und Bewerber vorlegen können, orientieren. Dies hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen beispielsweise mit Beschluss vom 23.06.2004 nochmals ausdrücklich so entschieden.

Beamtinnen und Beamte, deren Bewerbung auf eine ausgeschriebene Stelle trotz sehr guter dienstlicher Beurteilungen unter Hinweis auf die Ergebnisse eines Auswahlgespräches abgelehnt werden, sollten daher sehr genau die Begründung für diese Ablehnung überprüfen. Soweit der Dienstherr in der Begründung ausschließlich auf das Ergebnis der Auswahlgespräche abstellt, besteht Anlass - ggf. mit anwaltlicher Hilfe - der Frage nachzugehen, ob diese Auswahlentscheidung rechtswidrig ist.

Münster, 01.02.2005

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt