Beamtenrecht
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Viva Vivento?
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat am 27.10.2004 eine grundlegende Entscheidung zu der Frage getroffen, inwieweit Bundesbeamte, die Beschäftigte der Deutschen Telekom AG sind, zu der Personalserviceagentur Vivento versetzt werden können. Durch die Entscheidung sind die Rechte der Beamten im Dienste der Telekom AG erheblich gestärkt worden.
Die Personalserviceagentur Vivento wurde im Dezember 2002 gegründet. Ihre Aufgabe ist es, die zu ihr versetzten Arbeiter, Angestellten und Beamten auf Dauerarbeitsplätze oder zumindest in zeitlich begrenzte Projekteinsätze konzernintern oder -extern weiter zu vermitteln. Dies kann zur Konsequenz haben, dass die entsprechenden Mitarbeiter, die zu Vivento versetzt worden sind, wochen- oder monatelang beschäftigungslos sind. Sie sind von der Verpflichtung, Arbeitsleistungen zu erbringen, für diesen Zeitraum befreit und warten darauf, dass Ihnen ein neuer Dienstposten - zumindest für einen begrenzten Zeitraum - zugewiesen wird. Ferner haben sie die Möglichkeit, sich selbst auf einen derartigen neuen Dienstposten zu bewerben. Nach Angaben des Oberverwaltungsgerichtes waren bis April 2004 der Vivento ca. 22.000 Mitarbeiter (Arbeiter, Angestellte und Beamte) zugewiesen. Bis dahin konnten nur etwa 1.800 Mitarbeiter auf einen Dauerarbeitsplatz vermittelt werden.
Diese Praxis der Telekom AG steht im Widerspruch zu den hergebrachten Grundsätzen des Bundesbeamtentums, die durch das Grundgesetz geschützt werden. Danach hat jede Beamtin und jeder Beamte einen Anspruch darauf, amtsangemessen beschäftigt zu werden. Dies bedeutet, dass der tatsächlich zugewiesene Dienstposten dem statusrechtlichen Amt (z.B. Amtsrat) entsprechen muss. Beamtinnen und Beamte, denen aber überhaupt kein Dienstposten zugewiesen worden ist, werden nicht amtsangemessen beschäftigt.
Dieser Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung ist auch nicht durch die Privatisierung der früheren Deutschen Post modifiziert worden. Art. 143b Abs. 3 des Grundgesetzes bestimmt ausdrücklich, dass die bei der früheren Deutschen Bundespost tätigen Bundesbeamten unter Wahrung ihrer Rechtsstellung und unter Verantwortung des Dienstherrn bei den Privatunternehmen - also auch der Telekom AG - beschäftigt werden. Mit der "Wahrung der Rechtsstellung" ließ es sich nicht vereinbaren, wenn für die Beschäftigten der Telekom AG ein modifiziertes Beamtenrecht geschaffen würde.
Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen kommt in der Entscheidung daher konsequent zu dem Ergebnis, dass für eine Versetzung eines Beamten zur Personalserviceagentur Vivento keine Rechtsgrundlage besteht. Beamtinnen und Beamte, die durch eine Versetzung zu Vivento beschäftigungslos werden, haben somit die Möglichkeit, sich zu wehren. Sie können gegen die Entscheidung Widerspruch einlegen. Dies reicht allein jedoch nicht aus, um die Maßnahme zu stoppen. Vielmehr muss dann, wenn die Telekom AG nicht bereit ist, die "Versetzung" zurück zu nehmen, ein Eilantrag beim Verwaltungsgericht gestellt werden.
Münster, 03.01.2005