Arbeitsrecht
Rechtsinfo Archiv

Zurück

Arbeitsrecht
Zeitarbeit: Tarifverträge Christlicher Gewerkschaften unwirksam/Leiharbeitnehmer haben Nachzahlungsansprüche

Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat am 07.12.2009 (AZ: 23 TaBV 1016/09) entschieden, dass die Tarifverträge der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) unwirksam sind. Der Beschluss ist nicht rechtskräftig, die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht (BAG) ist zugelassen. Bestätigt das BAG diese Entscheidung, haben die betroffenen Leiharbeitnehmer einen Anspruch auf die gleiche Vergütung wie die vergleichbaren Arbeitnehmer der Firmen, bei denen sie eingesetzt werden. Die Ansprüche können auch rückwirkend geltend gemacht werden.

Nach dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) hat die Verleihfirma für die Zeit der Überlassung den Arbeitnehmern dieselben Arbeitsbedingungen und somit dieselbe Vergütung zu gewähren, wie sie den vergleichbaren Arbeitnehmern des Entleihers zustehen. Dies gilt allerdings nicht, wenn das Arbeitsverhältnis in den Geltungsbereich eines Tarifvertrages für Leiharbeit fällt oder die Anwendung eines solchen Tarifvertrages im Arbeitsvertrag vereinbart ist. Diese Regelung ist Ende 2002 in das AÜG aufgenommen worden und beruht auf den Vorschlägen der sog. Hartz-Kommission. Die gesetzliche Regelung hat zu der absurden Situation geführt, dass Tarifverträge nicht von Arbeitnehmern und Gewerkschaften erkämpft werden mussten, sondern dass die Arbeitgeber auf Gewerkschaften und angebliche Gewerkschaften zugegangen sind, um Tarifverträge zu schließen. Müsste den Leiharbeitnehmern dieselbe Vergütung gezahlt werden wie der Stammbelegschaft, wäre Leiharbeit für den Entleiher teurer als die Beschäftigung eigener Arbeitnehmer, da die Verleihfirma sicherlich auch noch etwas verdienen will. Es war somit von vornherein klar, dass die gesetzliche Regelung leer läuft. Die Arbeitgeber sind sodann auf die sog. Christlichen Gewerkschaften zugegangen, und haben mit diesen Dumping-Tarifverträge geschlossen. Durch den Abschluss von Tarifverträgen mit den Christlichen Gewerkschaften wurde den Zeitarbeitsfirmen ermöglicht, ihrem Personal weniger zu zahlen als den Festangestellten. Die DGB-Gewerkschaften zogen dann zwangsläufig nach und handelten eigene Tarifverträge aus, die eine etwas bessere Bezahlung vorsehen.

Bereits am 01.04.2009 hatte das Arbeitsgericht Berlin entschieden, dass die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Leiharbeit nicht tariffähig ist, da sie nicht die Macht hat, gegenüber den Arbeitgebern und Arbeitgeberverbänden tatsächlich gute Arbeitsbedingungen auszuhandeln. Folge ist, dass die mit der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften geschlossenen Tarifverträge für Leiharbeit unwirksam sind.

Dies führt dazu, dass die Leiharbeitnehmer, in deren Arbeitsverträgen die Anwendung der Tarifverträge der Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften vereinbart sind, Anspruch auf dieselbe Bezahlung haben wie die Festangestellten. Diese Ansprüche können auch rückwirkend geltend gemacht werden. Sind im Arbeitsvertrag Ausschlussfristen vereinbart, sollten die Differenzvergütungen unverzüglich vom Arbeitgeber schriftlich eingefordert werden. Ansonsten können die Ansprüche verfallen. Sind keine Ausschlussfristen vereinbart, verjähren die Ansprüche innerhalb von drei Jahren. Alle Leiharbeitnehmer sollten prüfen, ob sie von dieser Entscheidung betroffen sind und rückwirkend Ansprüche geltend machen können.

Wichtig ist es auch, festzuhalten, wann man mit welchen Tätigkeiten bei welcher Entleihfirma eingesetzt wurde und welche Vergütung vergleichbare Stammarbeitskräfte erhielten, damit die Forderung berechnet werden kann.

Verschiedene Zeitarbeitgeber versuchen, den Leiharbeitnehmern Zusatzverträge vorzulegen, nach denen nachträglich Ausschlussfristen oder die Geltung anderer Tarifverträge vereinbart werden. Diese Zusatzvereinbarungen sollten keinesfalls unterschrieben werden, weil man auf diese Weise auf die Nachzahlungsansprüche verzichten würde.

Münster, 11.12.2009

Klaus Kettner, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht