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Erfolg vor dem Bundesarbeitsgericht: Kürzung der Hamburgischen Zusatzversorgung kann rechtswidrig sein.

Die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst ist in Hamburg gesetzlich geregelt. Nach § 20 des Hamburgischen Zusatzversorgungsgesetzes (HambZVG) ruht die niedrigere Versorgung, wenn einem oder einer ehemaligen Arbeitnehmerin sowohl ein eigenes Ruhegeld als auch eine Hinterbliebenenversorgung zustehen. Die von uns vertretene Klägerin bezieht nach dem Tod ihres Ehemannes eine Hinterbliebenenversorgung. Nach ihrem Eintritt in den Ruhestand zahlte die Stadt Hamburg die von ihr verdiente Zusatzversorgung (Ruhegeld) nicht aus, da sie betragsmäßig niedriger war als die Hinterbliebenenversorgung. 

Mit der Klage haben wir geltend gemacht, dass diese Regelung Versorgungsberechtigte, die zugleich eine Hinterbliebenenversorgung nach dem HambZVG erhalten, gegenüber Versorgungsberechtigten, die zugleich eine Hinterbliebenenversorgung nach anderen Vorschriften oder von anderen Arbeitgebern beziehen, benachteiligt, ohne dass dafür ein sachlicher Grund gegeben ist. Gleichzeitig haben wir unter Hinweis auf Europarecht eine mittelbare Benachteiligung von Frauen in dieser Vorschrift gesehen, da diese wegen geringeren Verdienstes, Ausfallzeiten durch Kindererziehung und Teilzeittätigkeit häufiger selbst eine geringere Zusatzversorgung erdient haben als ihr verstorbener Ehegatte. 

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen und die Vorschrift des § 20 HambZVG für verfassungs- und europarechtskonform gehalten. Das Bundesarbeitsgericht hat in der mündlichen Verhandlung am 26.09.2017 (Aktenzeichen - 3 AZR 733/15 -) deutlich gemacht, dass es erhebliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift hat. Das BAG ist allerdings nicht berechtigt, Gesetze für verfassungswidrig zu erklären. Es kann diese lediglich dem Bundesverfassungsgericht vorlegen. Eine solche Vorlage kommt jedoch nur in Frage, wenn der Fall nicht anderweitig gelöst werden kann. Daher ist zunächst zu prüfen, ob eine mittelbare Benachteiligung von Frauen vorliegt. Hierfür muss der Sachverhalt weiter ermittelt werden. Das Bundesarbeitsgericht hat die klageabweisenden Urteile daher aufgehoben und die Sache an das Landesarbeitsgericht in Hamburg zurückverwiesen.  

Münster, 13.10.2017

Klaus Kettner, Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht