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Anspruch auf Altersteilzeit; Überforderungsschutz des Arbeitgebers?

Mit einer im Herbst 2007 veröffentlichten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 23.01.2007 – 9 AZR 393/06 – hat das Bundesarbeitsgericht die Position der Arbeitnehmer gestärkt, die Altersteilzeitarbeitsverträge abschließen wollen.

Nach zahlreichen Tarifverträgen und/oder Betriebsvereinbarungen haben Arbeitnehmer Anspruch auf Abschluss von Altersteilzeitarbeitsverträgen. Altersteilzeit bedeutet, dass der mindestens 55 Jahre alte Arbeitnehmer bis zum Rentenbezug nur noch mit der Hälfte seiner bisherigen Arbeitszeit arbeitet und der Arbeitgeber eine Zuzahlung zum reduzierten Arbeitsentgelt sowie eine Aufstockung der Beiträge zur Rentenversicherung leistet. Wenn der Arbeitgeber das frei gewordene Arbeitsvolumen durch Einstellung Arbeitsloser oder die Übernahme von Auszubildenden kompensiert, erhält er die zusätzlich erbrachten Leistungen von der Bundesanstalt für Arbeit erstattet. Die Voraussetzungen, unter denen der Arbeitgeber Erstattungsleistungen von der Bundesanstalt für Arbeit verlangen kann, sind im Altersteilzeitgesetz (ATG) geregelt. Ein Anspruch des Arbeitgebers auf Leistungen der Bundesanstalt für Arbeit setzt unter anderem voraus, dass seine freie Entscheidung über die Gewährung von Altersteilzeit bei einer Inanspruchnahme durch 5 % der Arbeitnehmer des Betriebes sicher gestellt ist (sog. Überforderungsschutz § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 ATG).

In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hat der Arbeitnehmer seinen Anspruch auf den Tarifvertrag zur Regelung der Altersteilzeit im öffentlichen Dienst (TV ATZ) gestützt, wonach Arbeitnehmer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben unter weiteren Voraussetzungen Anspruch auf Abschluss von Altersteilzeitarbeitsverträgen haben. Der Arbeitgeber hat diesen Anspruch unter anderem mit der Begründung abgelehnt, dass bereits mehr als 5 % der Beschäftigten Altersteilzeitarbeitsverträge besitzen. Die Berufung des Arbeitgebers auf das ATG ist jedoch fragwürdig, da dieses nicht die Ansprüche von Arbeitnehmern auf Abschluss von Altersteilzeitverträgen regelt, sondern die Voraussetzungen, unter denen die Bundesagentur für Arbeit zu Leistungen an den Arbeitgeber verpflichtet ist. Ansprüche auf den Abschluss von Altersteilzeitarbeitsverträgen können sich nur aus Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder individuellen Vereinbarungen ergeben.

Das Bundesarbeitsgericht hat der Argumentation des Arbeitgebers eine Absage erteilt. Es hat die Frage offen gelassen, ob sich der Arbeitgeber überhaupt auf den sog. Überforderungsschutz berufen kann, um Ansprüche auf Altersteilzeit abzuwehren. Der Überforderungsschutz des § 3 Abs. 1 Nr. 3 ATG soll jedenfalls nur dann eingreifen, wenn durch das neue Altersteilzeitarbeitsverhältnis die Quote gerade überschritten wird. Der Arbeitgeber kann sich auf diese Vorschrift somit allenfalls berufen, wenn gerade durch das neue Altersteilzeitarbeitsverhältnis mehr als 5 % der Beschäftigten Altersteilzeitarbeitsverträge besitzen. Hat er jedoch bereits mit mehr Arbeitnehmern als 5 % der Beschäftigten Altersteilzeitarbeitsverträge abgeschlossen, kann er sich bei einem neuen Antrag keinesfalls auf diese Quote berufen.

Mit dieser erfreulichen Entscheidung hat das BAG zumindest einem Argument der Arbeitgeber zur Ablehnung von Altersteilezeitarbeitsverträgen die Grundlage entzogen.

Münster, 01.02.2008

Klaus Kettner, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht