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Lehrerarbeitsverträge; Die Angabe der Höhe der Unterrichtsverpflichtung und der Höhe der Vergütung in Lehrerarbeitsverträgen sind unverbindlich

Am 12.09.2006 hat das Bundesarbeitsgericht (Az.: - 9 AZR 675/05 -) entschieden, dass ein von uns vertretener Kläger seit dem 01.02.2004 25,5 Unterrichtsstunden unterrichten muss, obwohl in seinem Arbeitsvertrag als Pflichtstundenzahl 24,5 Wochenstunden angegeben waren.

Im Arbeitsvertrag des angestellten Lehrers war ausdrücklich unter der Rubrik Pflichtstundenzahl „24,5 Wochenstunden“ angegeben. Am Ende des Vertrages wurde unter der Überschrift „Nebenabreden“ darauf hingewiesen, dass auf das Dienstverhältnis der BAT sowie dessen Sonderregelung Anlage 2 l I BAT (dies war angekreuzt) Anwendung finden. Nach dieser Sonderregelung richtet sich die Arbeitszeit der angestellten Lehrkräfte nach den jeweiligen beamtenrechtlichen Vorschriften. Die Arbeitszeit für verbeamtete Lehrer im Land Nordrhein-Westfalen ist in einer Verordnung zu § 5 Schulfinanzgesetz geregelt. Im Zuge der Erhöhung der Wochenarbeitszeit für Beamte auf 41 Stunden wurde auch die Pflichtstundenzahl der verbeamteten Lehrer erhöht. Gleiches wurde für angestellte Lehrer angeordnet, obwohl die tarifliche Arbeitszeit der sonstigen Angestellten des Landes NRW gemäß BAT weiterhin 38,5 Wochenstunden betrug.

Nachdem das Bundesarbeitsgericht bereits am 15.12.2005 entschieden hatte, dass die Erhöhung der Pflichtstundenzahl für angestellte Lehrer prinzipiell wirksam war (Az.: - 6 A ZR 227/05 -), wurde im vorliegenden Verfahren noch darüber gestritten, ob die Pflichtstundenzahl hier trotz unseres Erachtens eindeutiger, anderweitiger arbeitsvertraglicher Regelungen erhöht werden durfte. Wir waren der Auffassung, dass der angestellte Lehrer allein durch einen in einer Nebenabrede durch Ankreuzen kenntlich gemachten Hinweis auf die Anlage 2 l I BAT nicht erkennen konnte, dass die im Arbeitsvertrag ausdrücklich genannte Pflichtstundenzahl nicht verbindlich ist, sondern lediglich deklaratorisch. Das Bundesarbeitsgericht vertritt die Auffassung, dass die Parteien erkennbar durch die Bezugnahme auf den BAT und die entsprechende Sonderregelung die Anwendung der maßgeblichen Tarifverträge sicherstellen wollten. Die Angabe der Pflichtstundenzahl sei lediglich klarstellend erfolgt und habe nur die seinerzeit aktuelle Pflichtstundenzahl benennen wollen. Es sei bekannt, dass der öffentliche Arbeitgeber grundsätzlich einheitliche Arbeitsbedingungen gewährleisten will.

Eine ähnliche Rechtsprechung gibt es im Übrigen auch in Bezug auf die Vergütung. Die Vergütung von angestellten Lehrern ist derzeit (bis zur etwaigen Änderung der tariflichen Vorschriften im Zusammenhang mit der Einführung des TVL) nicht tariflich geregelt. Die Eingruppierung ergibt sich allein aus Erlassen des Kultusministeriums und kann einseitig geändert werden. Auch hier soll die Angabe der Vergütungsgruppe im Arbeitsvertrag nur deklaratorisch sein. Das Land NRW könnte als Arbeitgeber durch Änderung der Erlasse die Höhe der Vergütung jederzeit ändern.

Diese schon an sich unschöne Rechtslage müsste meines Erachtens zumindest in den Arbeitsverträgen klar gestellt werden. Es müsste immer ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die Angabe der Pflichtstundenzahl und der Vergütung im Arbeitsvertrag lediglich klarstellende Funktion hat und einer einseitigen Abänderung nicht entgegensteht, da sich die Höhe der Vergütung und die Dauer der Pflichtstundenzahl nach anderen Regelungen richten. Soweit dies nicht der Fall ist, müssten auch die öffentlichen Arbeitgeber unseres Erachtens verpflichtet werden, sich an die abgeschlossenen Arbeitsverträge zu halten. Man kann sich kaum vorstellen, dass das Bundesarbeitsgericht ähnlich im Fall von privaten Arbeitgebern urteilen würde. Hier wird offensichtlich dem öffentlichen Arbeitgeber vor dem Hintergrund der Haushaltsbindung und der Leere der öffentlichen Kassen geholfen. Wir empfinden die verwendeten Arbeitsverträge zum Teil als irreführend. Nach der dargestellten Entscheidung muss jedoch davon ausgegangen werden, dass die öffentlichen Arbeitgeber in die Arbeitsverträge hinein schreiben können, was sie wollen, solange nur ein Hinweis auf die im öffentlichen Dienst geltenden Tarifverträge erfolgt.

Münster, 08.02.2007

Klaus Kettner, Rechtsanwalt