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Betriebsratsmitglieder können Anspruch auf Ersatz von Kinderbetreuungskosten haben.

Der Arbeitgeber muss im erforderlichen Umfang die Kosten erstatten, die einem alleinerziehenden Betriebsratsmitglied während einer mehrtägigen auswärtigen Betriebsratstätigkeit durch die Fremdbetreuung seiner Kinder entstehen (Bundesarbeitsgericht – BAG – vom 23. Juni 2010 – 7 ABR 103/08 -).

Mit dieser erfreulichen Entscheidung hat das BAG die Situation alleinerziehender Betriebsratsmitglieder gestärkt. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG hat der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrates entstehenden Kosten zu tragen. Hierzu gehören üblicherweise keine Kosten, die der persönlichen Lebensführung zuzuordnen sind. Allerdings muss § 40 Abs. 1 BetrVG verfassungskonform ausgelegt werden. Nach Art. 6 Abs. 2 GG sind die Pflege und Erziehung der Kinder „die zuvörderst obliegende Pflicht“. Ein alleinerziehendes Betriebsratsmitglied kann sich angesichts der Teilnahmepflicht an Schulungen und Sitzungsterminen und seiner elterlichen Sorgepflicht in einer Pflichtenkollision befinden. Aus diesem Grunde hat der Arbeitgeber die Kosten zu tragen, die einem Betriebsratsmitglied dadurch entstehen, dass es die Betreuung seiner minderjährigen Kinder für Zeiten sicher stellen muss, in denen es außerhalb seiner persönlichen Arbeitszeit Betriebsratsaufgaben wahr zu nehmen hat.

In dem zu entscheidenden Fall hatte eine alleinerziehende Mutter vom Arbeitgeber die Erstattung der Kosten verlangt, die ihr dadurch entstanden waren, dass sie als Betriebsratsmitglied zur Teilnahme an zwei Sitzungen des Gesamtbetriebsrats und einer Betriebsräteversammlung insgesamt 10 Tage ortsabwesend war. Für diese Zeit musste sie für die Betreuung ihrer 11 und 12 Jahre alten Kinder fremde Hilfe in Anspruch nehmen. Diese Entscheidung ist ein richtiger Schritt in die Richtung, nicht nur Familie und Beruf, sondern auch die Interessenvertretung im Betriebsratsgremium und Familienpflichten nebeneinander möglich zu machen. Nur wenn in den Betriebsratsgremien Mitglieder sind, die die Probleme von Alleinerziehenden kennen, können deren Interessen bei der Gestaltung der Arbeit wirksam vertreten werden.

Münster, 20.12.2010

Klaus Kettner, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeits- und Sozialrecht