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Weiterbeschäftigung trotz Polizeidienstunfähigkeit - Ein Zustimmungsverweigerungsgrund des Personalrat bei Ruhestandssetzungen

 

Gem. § 194 Abs. 1 HS 1 LBG NW ist der Polizeivollzugsbeamte dienstunfähig, wenn er den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügt und nicht zu erwarten ist, dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb von zwei Jahren wieder erlangt. Die Polizeidienstfähigkeit setzt wiederum voraus, dass der Polizeibeamte zu jeder Zeit, an jedem Ort und in jeder seinem statusrechtlichen Amt entsprechenden Stellung einsetzbar ist. Das bedeutet, dass ein Polizeivollzugsbeamter, der auf längere Sicht den Wach- und Wechseldienst nicht mehr ausüben kann, polizeidienstunfähig im Sinne des § 194 LBG NW ist. In zahlreichen anderen Bundesländern und im Bereich der Bundespolizei gelten ähnliche Regelungen.

 

In der Vergangenheit hatte die Polizeidienstunfähigkeit regelmäßig die Versetzung in den Ruhestand zur Folge. Um hier eine Alternative zu eröffnen, hat der Gesetzgeber 1998 durch die Anfügung eines weiteren Halbsatzes an die oben genannte Vorschrift, die Möglichkeit eröffnet, den Beamten trotz Polizeidienstunfähigkeit weiter zu beschäftigen.

 

Das soll dann möglich sein, wenn die tatsächlich auszuübende Funktion bei Lebenszeitbeamten die besonderen Anforderungen der Polizeidienstfähigkeit auf Dauer nicht mehr uneingeschränkt erfordern (§ 194 Abs. 1 HS 2 LBG NW). Typisches Bespiel ist hier die Sachbearbeitung im Innendienst der Kriminalkommissariate. Die Vorschrift eröffnet zwar keinen einklagbaren Anspruch auf Weiterbeschäftigung in einem (neu geschaffenen) Innendienstposten, verpflichtet den Dienstherrn jedoch zu einer gewissenhaften Prüfung dieser Möglichkeit und insoweit zu einer ermessensfehlerfreien Entscheidung. Dabei muss der Dienstherr, wie das Verwaltungsgericht Düsseldorf mit Beschluss vom 22.03.2006 entschied, gerade bei Schwerbehinderten die Frage der möglichen Weiterverwendung konkret und unter dem Blickwinkel der besonderen Schutzwürdigkeit prüfen. Es reicht hierbei nicht, lediglich die Schwerbehinderung zur Kenntnis zu nehmen und formal korrekt die Schwerbehindertenvertretung zu informieren. Vielmehr erfordert die besondere Schutzwürdigkeit Schwerbehinderter, wie sie in den Vorschriften des SGB IX und im sog. Fürsorgeerlass des Landes NRW ihren Niederschlag findet, der Schwerbehinderung bei der Frage der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit eine hinreichende Bedeutung zuzumessen.

 

Angesichts der oben beschriebenen Rechtsprechung, sollten Personalräte und Schwerbehindertenvertretungen hier im Rahmen ihrer Beteiligungsrechte auf die Einhaltung dieser Weiterverwendungsprüfung bestehen. Gegenüber dem Dienstherrn kann die Erörterung aller möglichen Weiterverwendungsmöglichkeiten verlangt werden und ggf. kann die Zustimmung zu einer beabsichtigten Ruhesetzung verweigert werden.

Gesundheitlich eingeschränkte Beamte sollten wiederum einen Antrag auf Feststellung einer Schwerbehinderung oder Gleichstellung in Betracht ziehen und sich zur diesbezüglichen Vorgehensweise beraten lassen. Außerdem sollten sie im Verfahren zur Zurruhesetzung auf der Einhaltung obiger Prüfpflicht bestehen.

 

Münster, 29.11.2006

Veronica Bundschuh, Rechtsanwältin