Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht

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Wohnbebauung und Landwirtschaft: Landesplanung bremst neue Baugebiete

Wenn Gemeinden Baugebiete immer weiter in den Freiraum ausdehnen, der an sich der Landwirtschaft vorbehalten ist, dann gibt es Konflikte. Zum Beispiel wegen der Geruchsemissionen von Tierhaltungsbetrieben.

Ist ein Bebauungsplan erst einmal aufgestellt, dann sind landwirtschaftliche Betriebe in ihrer weiteren Entwicklung deutlich eingeengt, Erweiterungen sind manchmal gar nicht möglich. Deshalb muss ein betroffener Landwirt unbedingt während der Aufstellung eines Bebauungsplans aktiv werden. Ein Bebauungsplan muss vor der Beschlussfassung im Gemeinderat einen Monat lang öffentlich ausgelegt werden. Betroffene Landwirte müssen in dieser Frist eine Stellungnahme zum Plan abgeben, wenn sie sich die Möglichkeit offenhalten wollen, gegen den Bebauungsplan zu klagen. 

Allerdings: Die Interessen des Landwirtes an der Betriebsfortführung oder -erweiterung müssen eben nur »abgewogen« werden. Und diese Abwägung kann auch zum Nachteil des Landwirts erfolgen. Die Gemeinde kann dem Interesse an der Ausweitung der Wohnbebauung den Vorrang einräumen – da sie selbst ein Interesse an der Wohnbebauung hat, dürfte dies durchaus die Regel sein.

Neue Abwehrmöglichkeiten

Weil im Rahmen eines Verfahrens gegen einen Bebauungsplan alle Rechtsverstöße geltend gemacht werden können, kann sich der Landwirt auch darauf berufen, dass die geplante Ausweisung eines Baugebietes gegen Ziele der Regional- und Landesplanung verstößt. Dies ergibt sich aus einem neuen Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 18.10.2013, Az. 10 D 4/11.NE.

Bebauungspläne müssen nämlich im Einklang mit den Zielen der höherrangigen Regional- und Landesplanung stehen. So bestimmt es § 1 Abs. 4 BauGB. Zu diesen Zielen der Regional- und Landesplanung gehören in allen Bundesländern Bestimmungen, die den weiteren Flächenverbrauch im Außenbereich mindern sollen.

So sieht die Landes- und Regionalplanung in NRW vor, dass die Siedlungsentwicklung nur in den Bereichen erfolgen soll, die in den Regionalplänen als Siedlungsbereiche dargestellt sind. Ortschaften mit einer Einwohnerzahl von bis zu 2.000 Einwohnern werden im Regionalplan aber überhaupt nicht als Siedlungsbereiche dargestellt. In ihnen kann nur ausnahmsweise ein neues Baugebiet ausgewiesen werden, wenn dies für eine geordnete städtebauliche Entwicklung oder für den Wohnbedarf der ortsansässigen Bevölkerung erforderlich ist. Diesen Wohnbedarf der ortsansässigen Bevölkerung hat die Gemeinde allerdings zu ermitteln und für die Zukunft zu prognostizieren.

Attraktive Baugrundstücke vorzuhalten, um den Zuzug Ortsfremder zu befördern, eine solche Baupolitik ist mit den Vorgaben der Regionalplanung unvereinbar.

Die Bedeutung der Entscheidung für die Landwirtschaft liegt auf der Hand. Wenn die Siedlungsentwicklung gegen Ziele der Raumordnung verstößt, dann ist der Bebauungsplan in jedem Fall unwirksam. Es kommt nicht mehr darauf an, welche Immissionsbelastung im Baugebiet zu erwarten ist. Ein Landwirt muss sich deshalb nicht mehr damit abfinden, dass seine Absichten zur Betriebserweiterung »abgewogen« und damit »weggewogen« werden und damit im Ergebnis nicht mehr verwirklicht werden können.

Tipp für die Praxis

Bei Planungsabsichten einer Gemeinde muss sich ein Landwirt im Rahmen der Bürgerbeteiligung äußern und die eigenen Belange zur Geltung bringen. Sonst ist nach § 47 Abs. 2 a VwGO der Normenkontrollantrag gegen den Bebauungsplan unzulässig.

Die Erarbeitung einer solchen Einwendung hat deshalb besonderes Gewicht. Zu beachten ist, dass nicht alle Gesichtspunkte, auf die man sich in einem späteren Normenkontrollverfahren stützen möchte, im Rahmen der Einwendungen vorgebracht werden müssen. Man tut gut daran, die Gemeinde nicht auf alle Fehler der Bauleitplanung hinzuweisen. Ziel der Einwendungen ist ja meist die Verhinderung eines Bebauungsplans und nicht die Beratung der Gemeinde, wie sie ihre Planungen verwirklichen kann.

Wer sich allerdings im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung überhaupt nicht zu Wort meldet, der kann später den Bebauungsplan nicht mehr in einem Normenkontrollverfahren angreifen.

Münster, 07.01.2015

Wilhelm Achelpöhler, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht