Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht

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EuGH entscheidet über Prämienkürzungen bei Verstößen gegen Stilllegungsauflagen und über Zinsen bei der Rückforderung von Prämien

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 30.06.2005 dem EuGH zwei Rechtsfragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Es geht dabei um folgenden Fall:

Ein Landwirt gab in seinem Flächenantrag an, dass er auf seinen Stilllegungsflächen nachwachsende Rohstoffe anbaue. Ferner hatte er einige Konsumrapsflächen in seinem Antrag aufgeführt. Nachdem die Behörde zunächst die beantragten Flächenzahlungen vollständig bewilligt hatte, stellte sich bei einer späteren Prüfung heraus, dass der Landwirt einen Teil des auf den Stilllegungsflächen geernteten Rapses als Konsumraps beim Aufkäufer abgeliefert hatte. Dies hatte zur Konsequenz, dass sämtliche Stilllegungsflächen nicht anerkannt werden konnten. Die Behörde hob daraufhin den Bewilligungsbescheid auf und forderte nicht nur den ausgezahlten Stilllegungsausgleich, sondern auch die für den Anbau von Getreide und Konsumraps ausgezahlten Flächenzahlungen zurück. Da keine der von dem Landwirt angegebenen Stilllegungsflächen anerkennungsfähig sei, habe der Landwirt seine Stilllegungsverpflichtung insgesamt nicht erfüllt. Aus diesem Grunde könne auch für den Anbau von Kulturpflanzen keine Flächenförderung gewährt werden. Der Landwirt sei daher verpflichtet, sämtliche erhaltenen Flächenzahlungen zu erstatten. Darüber hinaus verlangt die Behörde die Zahlung von Zinsen ab dem Zeitpunkt, an dem die Prämien ursprünglich an den Landwirt ausgezahlt worden waren.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren erhob der Landwirt Klage. Er beruft sich darauf, dass aufgrund des seit Anfang 2001 geltenden neuen Sanktionsrechtes bei der Nichtanerkennung von Stilllegungsflächen zumindest eine Prämienzahlung auf der Grundlage der Kleinerzeugerregelung erfolgen müsse. Zudem sei nach der neuen Rechtslage eine Erhebung der Zinsen erst ab Erlass des Rückforderungsbescheides zulässig.

Das Verwaltungsgericht Freiburg wies die Klage ab. Im Berufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg nunmehr die Sache dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Dieser soll nun entscheiden, ob die neue Rechtslage, wonach bei der Nichtanerkennung von Stilllegungsflächen zumindest eine Flächenzahlung auf der Grundlage der Kleinerzeugerregelung zu erfolgen hat, auch auf Fälle der Antragsjahre 2000 und früher anzuwenden ist, die noch nicht rechtskräftig entschieden worden sind. Landwirte, bei denen sich diese Problematik stellt und deren Verfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind, sollten daher auf das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof verweisen, um eine Aussetzung ihres Verfahrens zu erwirken.

Von noch größerer Bedeutung ist die vom Europäischen Gerichtshof zu entscheidende Problematik hinsichtlich der Zinsen. Verlangt eine Behörde von einem Landwirt die Rückzahlung von Flächen- oder Tierprämien, so wird die Bedeutung der in dem Rückforderungsbescheid enthaltenen Zinsregelung häufig übersehen. Gerade dann, wenn Prämien für länger zurückliegende Zeiträume zurückverlangt werden, können sich erhebliche Zinsbeträge ergeben. Hier sollte darauf geachtet werden, dass Zinsen bis zu einer abschließenden Entscheidung des Europäische Gerichtshofs grundsätzlich nur ab Zustellung des Rückforderungsbescheides akzeptiert werden können.

Zur Klarstellung: Diese Zinsproblematik ergibt sich nur bei den "klassischen" Flächenzahlungen (also Ausgleichszahlungen) und Tierprämien. Bei den Zuwendungen der so genannten zweiten Säule - also beispielsweise den Kulturlandschaftsprogrammen - gelten andere landesgesetzliche Regelungen, die jeweils im Einzelfall geprüft werden müssen.

Münster, 01.08.2005

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt