Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht

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Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht
Probleme beim Härtefall "Umstellung der Erzeugung"

Viele Landwirte haben Anfang des Jahres 2000 die Milcherzeugung aufgegeben, um noch die im März 2000 auslaufende Möglichkeit, eine Milch-Referenzmenge flächenlos zu verpachten, in Anspruch nehmen zu können. Landwirte, die dann auf die Bullenmast umgestiegen sind, stellen sich nun die Frage, ob und in welchem Umfang sie einen zusätzlichen betriebsindividuellen Betrag im Rahmen eines Härtefallantrages erhalten können.

Der Gesetzgeber hat die Probleme, die bei der Umstellung von der Milcherzeugung auf eine andere Erzeugung im Referenzzeitraum 2000 bis 2002 entstanden sein können, durchaus gesehen. Grundsätzlich kann daher unter Hinweis auf diese Umstellung bereits ein Härtefall anerkannt werden. Das Gesetz sieht jedoch vor, dass dieser Härtefall nur dann anerkannt werden kann, wenn die Milch-Referenzmenge vor dem 31.03.2005 endgültig abgegeben wurde. Eine flächenlose Verpachtung der Milch-Referenzmenge wird von den Landwirtschaftsbehörden nicht als endgültige Abgabe anerkannt.

Viele Landwirte haben im Rahmen der Umstellung aber auch Investitionen vorgenommen. Schließlich musste der ehemalige Milchviehstall für eine Bullenhaltung hergerichtet werden. Insoweit stellt sich das Problem, ob für diese Umbauarbeiten eine Baugenehmigung erforderlich war. Viele Landwirte haben diese Umbauarbeiten nämlich durchgeführt, ohne eine Baugenehmigung zu beantragen. Die Behörden stellen sich nun häufig auf den Standpunkt, dass eine Baugenehmigung hätte beantragt werden müssen. Ohne Baugenehmigung sei der Härtefall nicht anerkennungsfähig. Eine nachträgliche Beantragung einer Baugenehmigung hat jetzt aber keine Auswirkung mehr auf den Härtefall, da die insoweit im Gesetz vorgesehene Antragsfrist (15. Juli 2005) abgelaufen ist.

Allerdings stellt sich in derartigen Fällen immer die Frage, ob überhaupt eine Baugenehmigung erforderlich war. Schließlich sind in vielen Fällen die Stallanlagen in ihren Ausmaßen nicht verändert worden. Es wurden lediglich innerhalb des Stallgebäudes Umbauarbeiten durchgeführt. In der Regel ist eine neue Baugenehmigung nicht erforderlich, wenn statt weiblicher, nun männliche Rinder in dem Stallgebäude gehalten werden. Etwas anderes ist nur dann der Fall, wenn sich die immissionsschutzrechtliche Situation auf der Hofstelle durch die Umstellung von der Milcherzeugung auf die Bullenhaltung ändert. Dies ist aber häufig nicht der Fall. Landwirte sollten daher genau prüfen, ob sich die Anzahl der Großvieheinheiten durch die Umstellung tatsächlich verändert hat. Liegt insoweit keine wesentliche Veränderung vor, kann sich auch die immissionsschutzrechtliche Situation nicht gewandelt haben.

Landwirte sollten daher den pauschalen Hinweis der Behörden, eine Baugenehmigung hätte erteilt werden müssen, nicht akzeptieren, sondern in jedem Einzelfall genau prüfen, ob sich immissionsschutzrechtlich durch die Umstellung eine neue Situation ergeben hat. Gegebenenfalls kann bei der Baugenehmigungsbehörde auch eine Bestätigung beantragt werden, dass die Durchführung eines neuen Baugenehmigungsverfahrens aufgrund der Umstellung nicht erforderlich war. Dies sollte jedoch erst geschehen, wenn ein Fachmann die Frage der Genehmigungsbedürftigkeit geprüft hat. Ansonsten könnten die Bauordnungsbehörden unnötig sensibilisiert werden.

Münster, 08.02.2006

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt