Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht

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Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht
Später Erfolg für Landwirte in Niedersachsen

Nach dem alten Prämienrecht wurden die Flächenzahlungen auf der Grundlage des durchschnittlichen Getreideertrages in einer Erzeugungsregion in der Zeit von 1989 bis 1991 berechnet. In den einzelnen Regionen wurden daher unterschiedlich hohe Flächenprämien gezahlt. Die Festsetzung der Regionen durch den Gesetzgeber führte bei vielen Landwirten in Niedersachsen zu Unverständnis und Verärgerung. Während nämlich für fast alle anderen Bundesländer die gesamte Fläche des jeweiligen Bundeslandes als einheitliche Region festgelegt wurde, wurden in Niedersachsen zehn Erzeugungsregionen gebildet. Landwirtschaftliche Betriebe mit ertragsschwächeren Böden in anderen Bundesländern profitierten somit von der Bildung des landesweiten Durchschnitts. Landwirte in ertragsschwächeren Regionen in Niedersachsen erhielten dagegen erheblich geringere Flächenzahlungen als niedersächsische Landwirte in ertragsstärkeren Regionen.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hatte diese Bildung der Erzeugungsregionen durch den Bundesgesetzgeber bereits in mehreren Entscheidungen wegen eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz für unwirksam angesehen. Allerdings vertrat das Oberverwaltungsgericht die Auffassung, dass sich hieraus noch kein Anspruch für niedersächsische Landwirte auf Bewilligung einer höheren Flächenzahlung auf der Grundlage des landesweiten Durchschnittsertrages ergebe. Auch wenn die damals gültige Fassung des Gesetzes wegen eines Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam sei, verbleibe dem Gesetzgeber für die Bildung von neuen Erzeugungsregionen ein Gestaltungsspielraum. Hier dürfe das Verwaltungsgericht nicht eingreifen.

Das Bundesverwaltungsgericht hat nun in einem Urteil vom 25.07.2007 (3 C 10.06) das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Landwirtschaftkammer Niedersachsen verpflichtet, dem klagenden Landwirt rückwirkend die Flächenzahlung auf der Grundlage des landesweiten Getreidedurchschnittsertrages zu bewilligen. Der Gesetzgeber müsse rückwirkend eine Regelung schaffen, die den Gleichheitsgrundsatz nicht verletzt. Die Prämienbescheide für die Landwirte in den anderen Bundesländern, die auf der Grundlage des jeweiligen landesweiten Durchschnittsertrages berechnet worden seien, könnten rückwirkend nicht aufgehoben werden. Der Gesetzgeber habe daher nur die Möglichkeit, eine Regelung zu schaffen, nach der den Landwirten in Niedersachsen für die Vergangenheit ebenfalls eine Flächenzahlung auf der Grundlage des in Niedersachsen zu bildenden landesweiten Durchschnittsertrages zu berechnen sei. Bei dieser Sachlage könnten auch die Verwaltungsgerichte, ohne dass eine spezielle gesetzliche Regelung bestehe, die Verwaltung verpflichten, Flächenzahlungen rückwirkend auf der Grundlage des für Niedersachsen zu errechnenden Durchschnittsertrages zu bewilligen.

Neben dem Kläger profitiert von dieser Entscheidung insbesondere eine Gruppe von niedersächsischen Landwirten, die sich im Rahmen einer Interessengemeinschaft bereits seit Jahren gegen die fehlerhafte Berechnung der Flächenprämien gewährt und gegen die jeweiligen Bewilligungsbescheide regelmäßig Widerspruch eingelegt hatten. Über diese Widersprüche muss nun in die Landwirtschaftskammer Niedersachsen auf der Grundlage des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts entscheiden. Landwirte in ertragsschwächeren Regionen in Niedersachsen, die gegen die Bescheide in der Vergangenheit kein Rechtsmittel eingelegt haben, können dagegen keine Nachzahlung verlangen. Ihre Bewilligungsbescheide sind rechtskräftig geworden. Die Landwirtschaftskammer Niedersachsen ist nicht verpflichtet, von Amts wegen eine Korrektur vorzunehmen.

Münster, 22.10.2007

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht