Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht

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Biotop- und FFH-Schutz nach Ablauf eines Umwandlungszeitraums

Ein Landwirt im Saarland war vor einigen Jahren eine Umwandlungsverpflichtung eingegangen. Nach Ablauf des Verpflichtungszeitraumes brach er die Grünlandfläche um, weil er die Fläche wieder ackerbaulich nutzen wollte. Hiermit war die zuständige Naturschutzbehörde nicht einverstanden. Sie erließ eine Ordnungsverfügung und verpflichtete den Landwirt, den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Zur Begründung wurde darauf verwiesen, dass auf der Fläche während der Umwandlungszeit ein Biotop entstanden war und die Fläche zwischenzeitlich FFH-Status erhalten hatte. Eine gerichtliche Entscheidung über das von dem Landwirt eingelegte Rechtsmittel wollte die Behörde nicht abwarten und ordnete die sofortige Vollziehung der Ordnungsverfügung an. In einem von dem Landwirt eingeleiteten verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren hat nun das Oberverwaltungsgericht für das Saarland entschieden, dass bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens die Ordnungsverfügung von dem Landwirt nicht umgesetzt werden muss.

Im Hinblick auf die Schutzwürdigkeit des Biotops verweist das Oberverwaltungsgericht auf eine Regelung im Bundesnaturschutzgesetz, die den Ländern die Möglichkeit gibt, Ausnahmen vom Biotopschutz vorzusehen, wenn während der Laufzeit vertraglicher Vereinbarungen oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung ein Biotop entstanden ist. Von dieser Möglichkeit hat das Saarland – wie andere Bundesländer auch – Gebrauch gemacht. Das Biotop war daher nicht schutzwürdig. Der Umbruch der Fläche war insoweit zulässig.

Auch der FFH-Status stehe einem Umbruch nicht entgegen. Ein Umbruch von ehemaligen Stilllegungs- oder Umwandlungsflächen stelle keinen Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des Gesetzes dar, wenn er innerhalb einer angemessenen Frist nach Ablauf des Verpflichtungszeitraums erfolge. Diese Frist ist im Saarland gesetzlich definiert und beträgt fünf Jahre. Sie war von dem Landwirt eingehalten worden. Ein Umbruch stelle auch keinen Verstoß gegen die gute fachliche Praxis dar. Schließlich würden auch rechtstaatliche Gesichtspunkte wie Vertrauensschutz und der Schutz des Eigentums dafür sprechen, dass die einem Landwirt bei Eingehen der Verpflichtung eingeräumte Möglichkeit, nach Ablauf des Verpflichtungszeitraums die frühere landwirtschaftliche Nutzung wieder aufnehmen zu dürfen, nicht praktisch mit einem Federstrich gegenstandslos gemacht werden könne, indem man das entsprechende Grundstück als Teil eines FFH-Gebietes melde. Zur Begründung verweist das Oberverwaltungsgericht auch auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahre 1988 in der es um diejenigen Landwirte ging, die sich vor 1984 für einen befristeten Zeitraum zur Einstellung der Milcherzeugung verpflichtet hatten. Diesen Landwirten war die Zuweisung einer Milchreferenzmenge verweigert worden, weil sie im maßgebenden Bezugsjahr 1983 keine Milcherzeugung betrieben hatten. Der Europäische Gerichtshof hielt dies für rechtswidrig und verpflichtete die staatlichen Stellen auch den ehemaligen Nichtvermarktern eine Milchreferenzmenge zuzuweisen. Das Oberverwaltungsgericht sah den hier betroffenen Landwirt in einer ähnlichen Lage wie die damaligen Nichtvermarkter.

Auch wenn die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nur in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ergangen ist, enthält sie wichtige rechtliche Gesichtspunkte, die Bedeutung über den konkreten Einzelfall hinaus haben. Sie sollten Landwirten in vergleichbaren Situationen Mut machen, Auflagen von Naturschutzbehörden einer eingehenden rechtlichen Prüfung unterziehen zu lassen.

Münster, 10.06.2008

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt