Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht

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Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zur Rückforderung von Prämien

Landwirt spart über 9.000,00 €

Wird bei einer Kontrolle festgestellt, dass ein Landwirt in seinem Antrag die Größe von landwirtschaftlichen Nutzflächen zu hoch angegeben hat, kann dies erhebliche Konsequenzen haben. Die Feststellungen der Prüfer führen nämlich nicht nur zur teilweisen Ablehnung des Antrages und zur Festsetzung von Sanktionen im laufenden Antragsverfahren. Die Behörde prüft in diesen Fällen zusätzlich, ob auch in den früheren Antragsjahren die selben Flächen in den Anträgen angegeben worden sind. Schlimmstenfalls drohen dem Landwirt Rückforderungen mit Zinsen für zahlreiche Antragsjahre.

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 16.12.2010 in einem von uns geführte Verfahren einen Fall entschieden, in dem für den Zeitraum von 1993 bis 2001 Flächenzahlungen zurückgefordert worden waren. Gegenstand des Verfahrens waren lediglich die Zinsen, welche festgesetzt worden waren. Dabei hat die Behörde die Zinsen jeweils berechnet beginnend mit dem Tag der Auszahlung der Prämien im jeweiligen Antragsjahr. Dies entsprach der Rechtslage bis einschließlich 2001. Ab 2002 - also auch schon zu dem Zeitpunkt, zu dem der Rückforderungsbescheid erging - war eine neue Regelung anzuwenden, wonach Zinsen erst ab Datum des Rückforderungsbescheides erhoben werden dürfen. Die Behörde hatte sich aber auf den Standpunkt gestellt, dass für die Rückforderung jeweils die Rechtslage maßgebend ist, die zu dem Zeitpunkt bestanden hat, zu dem über den eigentlichen Prämienantrag entschieden worden war.

Diese Auffassung hat das Bundesverwaltungsgericht nun zurückgewiesen. Nicht nur bei der Festsetzung von Sanktionen, sondern auch bei der Rückforderung des auf die nicht anerkannte Fläche fallenden Prämienanteils sei das Günstigkeitsprinzip zu berücksichtigen. Maßgebend sei somit die für den Landwirt im Einzelfall günstigere gesetzliche Bestimmung. Dies war im vorliegenden Fall die später in Kraft getretene Regelung, wonach Zinsen erst ab Datum des Rückforderungsbescheides erhoben werden durften. Der Rückforderungsbescheid wurde daher im Hinblick auf die Zinsen, welche sich auf einen vor Erlass des Bescheides liegenden Zeitraum bezogen, aufgehoben. Dies macht für den betroffenen Landwirt einen Betrag von rund 9.500,00 € aus.

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts weist weit über den konkret entschiedenen Fall hinaus. Die Europäische Union, die für den Erlass von Regelungen zur Festsetzung von Sanktionen und für die Rückforderung von Beihilfen zuständig ist, hat nämlich in den vergangenen Jahren die jeweils erlassenen Regelungen mehrfach geändert. Auch für die Zukunft ist zu erwarten, dass noch zahlreiche Änderungen ergehen werden. Da die Rückforderung von Beihilfen sich häufig auf mehrere zurückliegende Antragsjahre bezieht, muss die Behörde sämtliche gesetzliche Bestimmungen, die in diesem Zeitraum erlassen oder geändert worden sind, daraufhin überprüfen, ob und ab wann welche Fassung für den Landwirt die günstigste Regelung enthält. Diese Prüfung ist fehlerträchtig. Für den Landwirt ist der gesamte Sachverhalt überhaupt nicht überschaubar. Er ist in diesen Fällen auf eine qualifizierte Rechtsberatung angewiesen.

Münster, 03.02.2011

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht