Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht

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Nachabfindung weichender Erben nach § 13 Abs. 4 b Höfeordnung für Windkraftgebiet und Windkrafträder sowie Sonnenenergieanlagen

Stellt ein Landwirt Flächen seines Betriebes einer Windparkgesellschaft im Rahmen eines Pacht- und Nutzungsvertrages zur Verfügung und erhält er hierfür eine ertragsabhängige Vergütung, so fällt die gesamte Vergütung in die Nachabfindungspflicht nach § 13 Abs. 4 b der Höfeordnung.

So hat das Oberlandesgericht Oldenburg in einem Beschluss vom 15.08.2008 – 10 W 2/08 entschieden. Wörtlich heißt es im Leitsatz:

„Pacht- und Nutzungsentgelte, die ein Hoferbe für auf Grundstücken des Hofes errichtete Windenergieanlagen erhält, fallen unter den Nachabfindungstatbestand des § 13 Abs. 4 b Höfeordnung.“

In dem entschiedenen Rechtsstreit wollte die Hoferbin an die weichende Erbin nur Nachabfindungszahlungen für die tatsächlichen Standflächen der Windkraftanlagen und für die Zuwegung hierzu zahlen, nicht jedoch für die übrigen im Windparkgebiet enthaltenen Windeinzugsflächen und die hierfür vereinbarte ertragsabhängige Vergütung. Die Begründung der Hoferbin war, hierfür könne eine Abfindung nicht verlangt werden, da diese Flächen nach wie vor landwirtschaftlich genutzt werden könnten.

Diese Begründung hat das OLG Oldenburg zurückgewiesen, weil auch der partielle Wegfall des höferechtlichen Zwecks für eine Nachabfindungsverpflichtung nach § 13 Abs. 4 Höfeordnung ausreichend sei. Dies gebiete Art. 3 Grundgesetz.

Das OLG Oldenburg führt hierzu aus, dass ein Wegfall des höferechtlichen Zwecks im Sinne einer Einschränkung der landwirtschaftlichen Nutzung für die gesamte Fläche von letztlich 12,6 ha, die der Windparkgesellschaft zur Verfügung gestellt worden waren, festzustellen sei. Dies folge aus dem Vertragswerk, aus dem sich gewisse Einschränkungen der Nutzung dieser 12,6 ha insgesamt ergaben, nicht nur für die tatsächlichen Standorte der Windkraftanlagen. Das OLG Oldenburg führt hierzu aus, es sei festzustellen, dass durch die Überlassung der Flächen an die Windparkgesellschaft die Möglichkeit der landwirtschaftlichen Nutzung teilweise aktuell ausgeschlossen sei und teilweise zumindest potentiellen Einschränkungen unterliege. Demzufolge sei die gesamte Vergütung, die für den Überlassungsvertrag erzielt werde, nachabfindungspflichtig.

Als eine Voraussetzung für die vollständige Nachabfindungspflicht sieht es das Gericht jedoch an, dass die landwirtschaftliche Nutzung zumindest teilweise eingeschränkt ist. Diese Einschränkung ergibt sich so aus § 13 Abs. 4 b der Höfeordnung nicht. Dort heißt es nur, dass eine Nachabfindungspflicht gegeben ist, wenn der Hoferbe den Hof oder Teile davon auf andere Weise als land- oder forstwirtschaftlich nutzt und dadurch erhebliche Gewinne erzielt. Dass durch diese Nutzung die landwirtschaftliche Nutzung eingeschränkt werden müsse, ergibt sich aus dem Wortlaut daher nicht.

Fraglich ist, ob die Interpretation des OLG Oldenburg auf Dauer haltbar ist. Die Streitfrage müsste spätestens in einem Fall entschieden werden, in dem Nachabfindungsansprüche für Sonnenenergieanlagen gefordert werden. In letzter Zeit ist immer häufiger zu beobachten, dass auf den großen Dächern von landwirtschaftlichen Gebäuden Sonnenenergieanlagen installiert werden. Der hier erzeugte Strom wird in das Stromnetz eingespeist. Fraglich ist daher, ob die so erzielten Gewinne ebenfalls nachabfindungspflichtig sind. Dies könnte – jedenfalls nach der Rechtsprechung des OLG Oldenburg – zweifelhaft sein, da die landwirtschaftlichen Gebäude weiterhin in vollem Umfang nutzbar sein werden. Trotzdem ist festzustellen, dass die Nutzung der landwirtschaftlichen Gebäude durch Sonnenenergieanlagen eine außerlandwirtschaftliche Nutzung ist und daher doch wohl unter § 13 Abs. 4 der Höfeordnung fallen kann. Dies jedenfalls dann, wenn durch umfängliche Einspeisung in das Stromnetz hierdurch erhebliche Gewinne erzielt werden.

Diese Frage ist jedoch bisher nicht entschieden.

Münster, 02.03.2009

Mechtild Düsing, Rechtsanwältin
Fachanwalt für Verwaltungsrecht