Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht

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Fehler in Beihilfeanträgen für Agrarsubventionen - Möglichkeit der Berichtigung

Zahlreiche Landwirte müssen in diesen Wochen wieder die Beihilfeanträge zu den einzelnen Agrarsubventionen ausfüllen. Die Antragsunterlagen sind umfassend und zum Teil nicht immer eindeutig bzw. leicht verständlich. Es bedarf daher besonderer Aufmerksamkeit. Trotzdem kommt es immer mal wieder zu Fehlern bei der Antragstellung oder Irrtümern über die richtigen Antragsangaben. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf die Fördersumme haben. Deshalb sehen die europäischen Vorgaben für die Bewilligungsbehörde eine Möglichkeit vor, von Amts wegen einen "offensichtlichen Irrtum" zu korrigieren.

Ein Irrtum im Rahmen der Antragstellung liegt z.B. vor, wenn ein Zahlendreher bei der Bezeichnung einer Fläche im Flächenverzeichnis erfolgt. Er kann aber auch dann vorliegen, wenn sich der Landwirt für die Teilnahme an einem Programm für eine Agrarumweltmaßnahme bei der Wahl der einzelnen Maßnahme "verklickt". Offensichtlich soll ein solcher Irrtum allerdings nur dann sein, wenn er durch einfache Prüfung der eingereichten Antragsunterlagen und Belege unmittelbar festgestellt werden kann. Die neueren europäischen Vorschriften sehen insoweit im Vergleich zum vorherigen Recht nach dem Wortlaut eine deutliche Einschränkung vor, indem nur unmittelbar aus den vorliegenden Unterlagen ersichtliche Fehler anerkannt werden können.
Die Bewilligungsbehörden tun sich daher schwer einen Irrtum tatsächlich als offensichtlich anzuerkennen. Zum Teil werden naheliegende Überlegungen und Erkenntnisse ausgeblendet.

Der vorgenannten Praxis hat nunmehr das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen (Beschluss vom 30.01.2020, 10 LA 394/18) Grenzen gesetzt. Zwar solle die neuere Vorschrift des Art. 4 UA. 2 VO (EU) Nr. 809/2014 die Prüfung des Vorliegens eines offensichtlichen Irrtums allein anhand von Antragsunterlagen für die Behörde erleichtern, indem der Verwaltungs- und Kontrollaufwand gering gehalten werde. Jedoch verlange dies nicht ein "Sich- Blind Stellen" der Bewilligungsbehörden gegenüber anderweitigen präsenten Erkenntnissen. Insbesondere könne und habe die Bewilligungsbehörde präsente Erkenntnisse einer unmittelbar zuvor durchgeführten Vor-Ort-Kontrolle zu berücksichtigen. Zudem sei es geboten, dass wenn die Bewilligungsbehörde durch eine unklare Ausgestaltung der Antragsformulare ein korrektes Ausfüllen und eine genaue Bezeichnung der Fördermaßnahme nahezu verhindere, bei der Prüfung der Offensichtlichkeit des hierdurch bedingten Irrtums dies zu berücksichtigen und großzügiger zu prüfen.

Wenn Landwirte also einen Fehler in ihren Antragsunterlagen feststellen, so sollten sie die Bewilligungsbehörde hierüber unmittelbar in Kenntnis setzen. Offensichtliche Irrtümer können jederzeit von Amts wegen korrigiert werden. Eine Kürzung der beantragten Prämie oder gar eine Sanktion kommt dann nicht in Betracht. Verweigert die Bewilligungsbehörde die Anerkennung des Irrtums als offensichtlich, so sollten sie sich rechtlich beraten lassen. Schließlich gibt die vorgenannte Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts weitergehende Möglichkeiten, die im Einzelfall zum Erfolg führen können.

Münster, 26.06.2020

Henning Schulte im Busch, Rechtsanwalt