Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht

Rechtsinfo Archiv

Zurück

Landwirtschaftsrecht / Agrarrecht
Der Wunschtermin im Flurbereinigungsverfahren

Im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens haben nahezu alle Teilnehmer konkrete Wünsche für die Flächenzuteilungen. Die Flurbereinigungsbehörde ist aber häufig nicht bereit, auf diese Wünsche einzugehen. Es wird dann behauptet, dass sich die einzelnen Wünsche zum Teil mit denjenigen von anderen Teilnehmern oder mit den Zielen des Flurbereinigungsverfahrens nicht ein Einklang bringen lassen würden. Für die einzelnen Teilnehmer stellt sich dann regelmäßig die Frage, ob sie nicht einen Anspruch darauf haben, dass die Flurbereinigungsbehörde ihre Wünsche auch umsetzt.

Soweit die Flurbereinigungsbehörde nicht durch das Gesetz bereits dazu verpflichtet ist, bestimmte Flächen einem Teilnehmer grundsätzlich zu belassen (z. B. bei hofnahen Flächen), kommt eine Verpflichtung, auf die einzelnen Wünsche der Teilnehmer Rücksicht zu nehmen, im Regelfall nicht in Betracht. Die Teilnehmer im Flurbereinigungsverfahren haben nur einen Anspruch auf eine wertgleiche Abfindung. Hierauf wird im Falle einer Auseinandersetzung von den Mitarbeitern der Behörde regelmäßig verwiesen.

Es gibt aber auch Ausnahmen. Eine derartige Ausnahme ist beispielsweise dann gegeben, wenn bestimmte Flächen Entwicklungsmöglichkeiten eröffnen, die im Rahmen der Wertfestsetzung nicht berücksichtigt werden konnten. Ist beispielsweise eine bisher lediglich landwirtschaftlich genutzte Fläche für die Errichtung eines Stallneubaus oder für die Errichtung einer Windkraftanlage vorgesehen, kann der Landwirt verlangen, dass die konkreten Flächen in seinem Besitz verbleiben. Seine betriebliche Entwicklung darf durch das Flurbereinigungsverfahren nicht behindert werden. Allerdings müssen derartige Entwicklungsmöglichkeiten bereits so konkretisiert und verfestigt sein, dass ihre Verwirklichung nicht bloß theoretisch möglich, sondern voraussehbar ist. Dies muss der Flurbereinigungsbehörde detailliert beschrieben werden.

Unabhängig davon ist der Umstand, dass eine bisher lediglich zu landwirtschaftlichen Zwecken genutzte Fläche sich in Zukunft auch für andere Zwecke nutzen lassen wird und sich hierdurch der Wert der Fläche erheblich erhöht, im Flurbereinigungsverfahren zu berücksichtigen. Dies gilt unabhängig davon, ob der Landwirt selbst eine derartige neue Nutzung der landwirtschaftlichen Nutzfläche vornehmen will. Auch dann, wenn die Fläche beispielsweise an einen Investor veräußert werden kann, spielt dies im Flurbereinigungsverfahren eine Rolle. Anerkannt ist dies bei sogenannten Baulanderwartungsflächen. Denkbar ist dies aber auch dann, wenn beispielsweise ein Investor in dem Bereich einen Golfplatz errichten will. Gleiches gilt für den Fall, dass eine landwirtschaftliche Nutzfläche als naturschutzrechtliche Ausgleichsfläche vorgesehen ist und sich ihr Wert hierdurch erhöht. In all diesen Fällen ist die außerlandwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit bei der Wertermittlung zu berücksichtigen. Eröffnet sich die neue außerlandwirtschaftliche Nutzungsmöglichkeit erst im Laufe des Flurbereinigungsverfahrens nach der Wertfestsetzung, so muss dies dennoch berücksichtigt werden.

Landwirte sollten ihre Rechte in derartigen Fällen konsequent wahrnehmen.

Münster, 07.01.2015

Dr. Frank Schulze, Rechtsanwalt
Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Dipl.-Verwaltungswirt